„Spitze Zungen“ von manchmal nervigen Mitmenschen kennen wir alle, ebenso die „spitze Feder“ von kritischen Journalisten oder Schriftstellern. Beim Bezirksverband Niederrhein gewinnen diese Redensarten jedoch noch eine ganz andere Bedeutung – womit wir bei der Coprayer Hofrunde sind.
Dietmar Brockes, Vorsitzender des niederrheinischen Bezirksverbands, begrüßt die etwa 60 Gäste im Rittersaal der Burg Linn/ Krefeld. In seiner Einführung erläutert er, dass seit 1977 fast jährlich zwei Hofritter ernannt werden: ein Politiker für die spitze Zunge, ein Journalist für die spitze Feder – wobei auch durchaus Frauen diese Ehre zuteilwird. Auf die „Erste Strohballenrunde“ 1962 folgte 1963 die „Hofrunde am Coprayer Hof“ in Kleve. Seit 1977 finden die Hofrunden auf der Burg Linn in Krefeld statt.
Die Ehrungen gehen in diesem Jahr an zwei bekannte Persönlichkeiten – und wie es sich für mittelalterliche Runden gehört, ernennt Dietmar Brockes zuerst den „Ritter der spitzen Feder“ Horst Thoren, stellvertretender Chefredakteur der Rheinischen Post.
Horst Thoren, Korschenbroicher, Jurist und engagierter Schützenchef, bekennt sich zur Heimat. „Alles, was R/recht ist, auch Juristen dürfen eine eigene Meinung haben“, beginnt er humorvolle seine Rede, die, ob so mancher Erheiterung, auch ernste, aktuelle Themen umfasst. Der Heimatbegriff habe einen grundgesetzlichen Rahmen, legt Horst Thoren dar. „Wissen Sie, wie der Rheinländer tickt?“ Er nennt die ortsansässigen Vereine die „Lebensader der Gesellschaft“, die Heimatverbundenheit und Hilfsbereitschaft in den Vordergrund stellen. Der Rheinländer denke und handele auf die Kernaussage gerichtet „leben und leben lassen“. Zum Ende seiner Rede wirft der Niederrheiner Thoren die Frage in die Runde, die im Laufe des Abends einige beschäftigt: „Wissen Sie, wo Ihr erster Kuss war?“
Der „Ritter der spitzen Zunge“ heißt Linda Teuteberg, Bundestagsabgeordnete der FDP. Sie engagiert sich neben der Politik in den Organisationen „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“, der „Ludwig-Erhard-Stiftung e.V.“ und in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Auch Linda Teuteberg bekennt sich zur Heimat und erinnert an den ehemaligen Bundesminister des Inneren Horst Seehofer, der das Ministerium umbenannte in Inneres und Heimat. Man dürfe den Begriff Heimat nicht einem bestimmten Rand überlassen, zumal es viele regionale Kulturen in unserem Land gäbe, so Linda Teuteberg. Sie leitet über zur DDR-Zeit, zitiert aus der DDR stammende, bekannte Dichter, positioniert sich zur Kirche als geschützten Raum und verteidigt die Farben der deutschen Flagge, die im Grundgesetz verankert sind.
Das Brauchtum grenze sich zum rechts- oder linksextremen Rand ab, beschreibt Linda Teuteberg. „Eine gemeinsame Zukunft braucht auch ein gemeinsames Gedächtnis“, resümiert sie. Als Brandenburgerin endet sie mit einer Hommage an die Preußen: „Ohne sie gäbe es keinen Karneval und auch kein Schützenwesen.“
Moderator Otto Fricke, Finanzfachmann der FDP im Bundestag und stellvertretender Bezirksvorsitzender, „errät“ zur Erheiterung des Publikums die musikalischen Darbietungen des hervorragenden Gitarristen Timo Brauwers. Dietmar Brockes klärt zum Schluss auf: „Er hat schnell im Handy nachgesehen.“ Mit einem Dank an die Ausrichtenden, u. a. Geschäftsführer Daniel Dick, beendet Dietmar Brockes den kurzweiligen Abend. Der zünftige Ritter-Imbiss wartet.